Es ist zwar schon kurz vor knapp, aber dieses ganz besondere Rezept für weihnachtliches Spritzgebäck muß ich Euch unbedingt noch ganz schnell zeigen. Als Weihnachtsgeschenk für Euch sozusagen!
Dieses Spritzgebäck ist eine unserer allerliebsten Weihnachtstraditionen. Eine sehr schöne Tradition in unserer Familie, gleichzeitig aber auch eine sehr traurige.
Solange ich denken kann, hat meine Großmutter in der Adventszeit dieses Spritzgebäck gebacken. Als kleines Mädchen war ich sehr viel bei meinen Großeltern und hatte ein sehr inniges Verhältnis zu ihnen. Heiligabend kam die ganze große Familie bei ihnen zusammen. Der Termin war für alle gesetzt.
Am ersten und zweiten Feiertag kam man bei anderen Familienmitgliedern zum Festessen zusammen, aber der Heilige Abend war quasi heilig. Der große runde Esstisch in der offenen Essdiele des Hauses war mit Geschenken für groß und klein überhäuft, für alle Familienmitglieder in Tortenstücke unterteilt und mit großen weißen Laken bis zur Bescherung verhüllt. Der Tannenbaum stand immer neben dem Kamin und gab die Kulisse für die pflichtgemäß aufzusagenden Weihnachtsgedichte der Enkelkinder.
Zum Essen nach der Bescherung gab es immer Bockwürstchen mit Kartoffelsalat und Heringssalat. Den ich bis heute einfach nicht mag, örks. Und überall war Spritzgebäck. Bunte Teller gab es sowieso für jeden Einzelnen, ganz klassisch mit Marzipanbrot, Marzipankartoffeln, Zuckerkränzen und Mandarinen. Und Spritzgebäck. Tonnenweise.
Ich habe diesen Heiligabend bei meinen Großeltern immer geliebt. Für diesen einen Abend im Jahr kamen hier alle zusammen, auch diejenigen, die sich in dieser recht komplizierten Familie sonst nicht gut verstanden. An diesem einen Abend war Weihnachten, für alle. Jedenfalls hat es sich als Kind so angefühlt.
Leider waren diese schönste Weihnachtsfeste meiner Kindheit nicht von langer Dauer, meine Großmutter erkrankte an Alzheimer und diese grausame Krankheit löschte ihre wunderbare Persönlichkeit auf eine unglaublich grausame Art. Und dann starb mein Großvater. Das hat der Familienverbund auch nicht überlebt. Mit unserem Großvater haben wir gleichzeitig unsere Großfamilie begraben.
Weihnachten war nie wieder das gleiche. Bis auf eine Kleinigkeit. Meine Tante hat Spritzgebäck hergestellt. In rauen Mengen. Für die nächsten 33 Jahre sorgte meine Tante dafür, dass jede Nichte und jeder Neffe, sofern gewünscht, Spritzgebäck zu Weihnachten hatte. Es wurden Care-Pakete mit Spritzgebäck quer durch das Land zu Studienorten und neuen Wohnorten geschickt, Keksdosen voller Erinnerungen an unsere süße kleine Großmutter. Voller Erinnerungen an eine großartige Frau mit einem bewegten Leben. Ich muß Euch einmal an anderer Stelle von ihr erzählen.
Im Laufe der Jahre wurde meine Tante immer mehr zu einem der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Immer eine weise Ratgeberin, wenn ich um Rat gebeten habe. Meinen Kindern mehr eine Großmutter als meine Mutter es je sein wollte. Neugierig auf das Leben, auf andere Menschen, fremde Länder und Kulturen. Und dann starb sie. Ganz plötzlich, mitten aus dem Leben. Zwar schon über achtzig, aber für uns völlig unvermittelt.
Sie starb an einem Montag im August. September, Oktober und November vergingen voller Trauer, voller Arbeit. Ich vergoss bittere Tränen, während ich ihre Kleidung aus den Schränken räumte und einer Kleiderkanmmer spendete. Ihr geliebtes Auto verkaufte. Die letzte Fahrt damit zum BMW-Händler. In allen Jackentaschen fand ich ihre stets präsenten Eukalyptusbonbons. Wie traurig können solche alltäglichen Gegenstände eigentlich sein.
Dann rückte die Adventszeit näher. Und ich sah Gespenster. Das Haus meiner Großeltern. Dann meiner Tante. Jetzt meins. Der Letzte macht das Licht aus. Der große Esstisch als Gabentisch, die Ecke am Kamin mit dem Weihnachtsbaum. Ein Schatten der vielen schönen Familienweihnachten, die es in diesem Haus gegeben hatte. Die Trauer um eine Familie, die es so leider schon lange nicht mehr gab. Um tote Großeltern, Väter, Onkel, Schwestern und Tanten. Im Küchenschrank die Gebäckmühle und ein Zettel mit dem Rezept für unser weihnachtliches Spritzgebäck.
Jetzt backen meine Töchter und ich schon das dritte Jahr das Familienrezept. Und versorgen die anderen Trauernden aus der Familie damit. Mich tröstet das irgendwie. Es ist nicht allein das Spritzgebäck, sondern vielmehr die Verbundenheit. In einer immer längeren Reihe von starken Frauen unserer Familie diese Tradition wahren. Sie weitergeben. Und ganz gewiß zu sein: wir sind nicht die letzten.
Puh, das war jetzt ganz schön viel Text. Ist eigentlich gar nicht so meine Art, so emotional zu werden. Vielleicht liegt es am nahenden Weihnachtsfest, vielleicht liegt es auch daran, dass die letzten Wochen emotional sehr anstrengend waren. Zu Weihnachten sind da halt immer diese ganzen Gespenster. Wenn wir da – nur wir Fünf plus die eine Oma an unserem Weihnachtsbaum sitzen, nur noch ein Schatten der Großfamilie meiner Kindheit. Nur zu sechst am Tisch mit Bockwürstchen und Kartoffelsalat. Ohne Heringssalat weil – Ihr wisst schon. Örks.
Und wenn ich zu wehmütig werde, dann knabbere ich noch ein bißchen Spritzgebäck. Und küsse meinen Mann und meine Mädchen. Mein größtes Glück.
So, und wer sich tapfer durch diesen ewig langen Text gearbeitet hat, der hat jetzt auch wirklich das Rezept verdient:
Für ca. 150 Stück / Den Backofen auf 175 °C Heißluft vorheizen
375 g weiche Butter
2 Pck. Vanillezucker
250 g Zucker
1 Prise Salz
Diese Zutaten mit dem Handrührgerät oder der Küchenmaschine schaumig rühren.
375 g Mehl (wir nehmen Weizenmehl)
125 g Speisestärke
150 g gemahlene Mandeln
mischen und Löffelweise mit den ersten Zutaten vermischen und gut verkneten.
Den Teig für mindestens eine halbe Stunde in den Kühlschrank legen. Mit einer Gebäckmühle bzw. einem Fleischwolf mit Gebäckaufsatz in Streifen verarbeiten und auf mit Backpapier belegte Backbleche legen.
Ca. 10-12 Minuten backen. Dabei immer kontrollieren, die Backzeit kann je nach Ofentyp etwas variieren. Das Backpapier komplett auf einen Rost ziehen und die Plätzchen dort auskühlen lassen. Dabei härten sie noch etwas aus.
Im Anschluss 200 g Schokoladenkuvertüre im Wasserbad verflüssigen und das Spritzgebäck damit zu ca. einem Drittel bestreichen. Festwerden lassen und dann in Keksdosen aufbewahren.
Habt einen wunderschönen vierten Advent! Und ein wunderschönes Weihnachtsfest!
Liebe Grüße,
Eure Isabelle
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